Wer bekommt Yahoo?
David Filo und Jerry Yang, Doktoranden an der Universität Stanford, stellten 1994 fest, dass die Orientierung im Web immer schwieriger wurde. So entwickelten sie einen Führer, in dem sie die sprunghaft wachsende Zahl von Angeboten katalogisierten und in Kategorien gruppierten. Daraus entstand 1995 „Yahoo“. Gerade einmal sechzehn Jahre jung ist das Unternehmen inzwischen. Doch im Web gehört es damit bereits in die Riege der „Alten Hasen“. Das in Sunnyvale, Kalifornien ansässige Unternehmen zählt weltweit über 600 Millionen Nutzer. Schon ein Jahr nach der Gründung ging Yahoo 1996 an die Börse. Der Umsatz wuchs rapide und schon 1998 konnte man schwarze Zahlen präsentieren. Heute ist Yahoo mit über 13.000 Mitarbeitern in mehr als vierzig Ländern präsent. Die Angebote sind in 26 Sprachen verfügbar.
Yahoo bietet eine Vielfalt aufeinander abgestimmter Dienste. Es fungiert als Startseite, Nachrichtenplattform, Mail-Dienst und Suchmaschine. Weitere interaktive Angebote wie Flickr oder Messenger kommen hinzu. Insgesamt eine starke Basis, sollte man meinen. Doch selbst ein so großes Unternehmen wie Yahoo könnte Ziel einer Übernahme-Schlacht werden.
Microsoft bemüht sich, durch Zukäufe, seine Position nicht nur im Betriebssystem- und Software-Markt, sondern auch im Bereich der Dienste und der sozialen Netzwerke zu stärken. Nachdem im Mai der Internet-Telefondienstleister „Skype“ für stolze 8,5 Milliarden Dollar übernommen wurde, steht nun Yahoo auf dem Wunschzettel, wie aus Branchenkreisen berichtet wird. Doch es gibt noch andere Big Player am Markt. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, dass Google erwäge, eine freie Investorengruppe beim Gebot um Yahoo zu unterstützen, damit das Unternehmen nicht an Microsoft gehe.
Diese Taktik hat, so wird vermutet, auch juristische Gründe: Würde Google selbst bieten, so könnte das wettbewerbsrechtliche Schwierigkeiten hervorrufen. Viele Dienste von Yahoo und Google überschneiden sich bereits in so hohem Maße, dass hier das Entstehen einer Machtkonzentration befürchtet werden muss. Das Kartellamt würde einen solchen Deal mit hoher Wahrscheinlichkeit stoppen
Microsoft hofft hingegen, bestehende Synergien weiter ausschöpfen zu können. So basiert beispielsweise die Yahoo-Suche heute schon weitestgehend auf dem Datenbestand der Microsoft-Suchmaschine „Bing“. Bereits Anfang 2008 machte Microsoft ein Kaufangebot, das jedoch abgelehnt wurde. Jetzt wittert man erneut einen guten Zeitpunkt, sogar einen günstigeren als damals. Es kriselt, Umstrukturierungen und ein Wechsel in der Yahoo-Führungsspitze stehen an. Doch der Brocken, der hier geschluckt werden soll, ist nicht gerade klein. Allein die Beteiligung von vierzig Prozent, die Yahoo am chinesischen Handelsportal „Alibaba“ hält, ist milliardenschwer. Möglicherweise könnte Alibaba sogar selbst um Yahoo mitbieten. Deshalb ist Microsoft bemüht, zusätzliche Investoren ins Boot zu holen. Es wird jedoch nicht leicht sein, geeignete Partner zu überzeugen, denn branchenintern hält man Google und Facebook für geschickter, wenn es darum geht, hohe Nutzerzahlen in entsprechende Werbeeinnahmen umzumünzen.