Fusionscomputer kommt nach Jülich
Ein neuer Supercomputer wird die komplexen physikalischen Effekte im Innern des Fusionsreaktors ITER verstehen helfen. Der HPC-FF genannte Rechner wird etwa 100 Teraflop/s Rechenleistung liefern und ist optimal für die Simulationsprogramme der Fusionsforscher geeignet. Die Gemeinschaft der Fusionsforschungsinstitute in Europa (EFDA, European Fusion Development Agreement) beauftragte ihr Mitglied, das Forschungszentrum Jülich, als eines der weltweit führenden Supercomputerzentren mit Bau und Betrieb des Rechners.
„Wir sind stolz, dass EFDA auf das Jülicher Know-how setzt“, sagt Prof. Achim Bachem, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums. „Das FZ Jülich wird zeigen, was der Supercomputerstandort Europa für die Energieforschung leisten kann.“
Das Konzept für den Supercomputer Bull HPC-FF wurde vom Team um Thomas Lippert, Direktor des Jülich Supercomputing Centres, entworfen und gemeinsam mit den Partnerfirmen Bull, Intel, Mellanox und ParTec optimiert und umgesetzt. „HPC-FF wird eng mit dem Jülicher 200-Teraflop-System JuRoPA gekoppelt, so dass die Fusionsforscher bei Bedarf sogar auf eine Rechenleistung von insgesamt 300 Teraflop/s zugreifen können“, so Lippert.
„Der neue Supercomputer in Jülich wird uns helfen, den Weg zu einem ersten Fusionskraftwerk schneller zu beschreiten, indem nun die kostspieligen Großexperimente durch intelligente und relativ preiswerte Computermodelle ergänzt werden können“, sagt Prof. Ulrich Samm, Leiter des Jülicher Projekts Kernfusion: „Europas Führungsrolle in der Kernfusionsforschung wird mit dem Jülicher HPC-FF deutlich gestärkt.“
Die Fusionsforscher wollen mit der Rechenleistung von HPC-FF die komplexen Mechanismen in der 100 Millionen Grad heißen Fusionsmaterie, dem Plasma, im Innern von ITER besser verstehen. Sie werden Computersimulationen entwickeln, die wichtige physikalische Effekte realitätsnäher als bislang berücksichtigen können. Unverzichtbar ist Supercomputing zum Beispiel für das Verständnis turbulenter Prozesse, die die Auskopplung von Energie aus dem Plasma auf die Materialoberflächen der ersten Wand der Brennkammer bestimmen.
Der Supercomputer HPC-FF (High Performance Computing – for Fusion) ist ein Best-of-breed-System. Er wird aus 1080 Rechenknoten bestehen, die jeweils mit zwei Nehalem-EP-Quadcore Prozessoren von Intel ausgestattet sind. Die insgesamt 8640 Prozessoren besitzen eine Taktrate von je 2,93 GHz, sie können auf 24 Gigabyte Gesamt-Hauptspeicher zugreifen und sind wassergekühlt. Ihre Gesamtrechenleistung von 101 Teraflop/s entspricht heute Platz 30 in der Liste der schnellsten Supercomputer. Als Netzwerk wird Infiniband ConnectX QDR der israelischen Firma Mellanox verwendet. Die administrative Infrastruktur basiert auf Servern des Typs NovaScale R422-E2 des französischen Supercomputerherstellers Bull, der das System liefert und in Jülich integriert. Als Cluster-Betriebssystem wird „Parastation“ von der Münchener Softwarefirma ParTec eingesetzt. Finanziert wird HPC-FF von der Europäischen Kommission bzw. EURATOM, den Mitgliedsinstituten von EFDA und dem FZ-Jülich.
ITER wird 2018 in Betrieb gehen und soll der erste Fusionsreaktor mit mindestens 500 Megawatt Leistungsüberschuss werden. Er wird damit Wegbereiter für künftige Kernfusionskraftwerke sein und maßgeblich zur Schaffung einer kohlendioxidfreien Energieversorgung beitragen. ITER – lateinisch „der Weg“ – wird im südfranzösischen Cadarache gemeinsam von der Europäischen Union, Japan, den USA, China, Russland, Indien und Südkorea gebaut.